In der Corona-Krise sind alle gefordert, Lehrkräfte,  Schülerinnen und Schüler und auch deren Eltern stehen vor ganz besonderen Herausforderungen: Seit alle Schulen geschlossen sind und der Unterricht nur zu Hause stattfinden kann, müssen neue Formen der Wissensvermittlung nicht nur entwickelt und erprobt werden, sondern sie müssen sich auch im alltäglichen Einsatz bewähren. Das verlangt von allen Beteiligten ein hohes Maß an Flexibilität, Lernbereitschaft und Neugierde, aber auch eine gewisse Portion Frustrationstoleranz.

Unterricht auf allen Kanälen

Irina Küsters, Chemielehrerin am Birklehof und Verantwortliche für die Kursstufe (Klassen 11 und 12), unterrichtet nun − wie alle Kolleginnen und Kollegen am Birklehof − seit über einer Woche vom Birklehof aus online ihre Schülerinnen und Schüler – sowohl die jetzt zu Hause bei ihren Eltern sind wie auch die im Internat Verbliebenen. „Ich benutze unterschiedliche Kanäle und Plattformen: Moodle als zugrunde liegende Lernplattform, Videokonferenzen, diverse Messengerdienste und natürlich auch E-Mails. Und mittlerweile läuft es super. Zu Anfang gab es die typischen Startschwierigkeiten, zum Beispiel, dass die Serverkapazitäten, die das Land für die Lernplattform Moodle bereitgestellt hatte, nicht ausreichten, weil auf einmal alle online unterrichteten. Da musste erst nachgerüstet werden.“

Am Birklehof hat sie Unterrichtsräume hergerichtet, um ihren Zuschauerinnen und Zuschauern trotz der räumlichen Entfernung und der medialen Vermittlung eine möglichst vielfältige Lernerfahrung zu ermöglichen. Tafelbild, Molekülmodelle, Alltagsbeispiele und Versuchsanordnungen werden vorbereitet für die Übertragung des Video-Streams, um die Ergebnisse der Versuche zu zeigen, hält Irina Küsters die Reagenzgläser nah vor ihr Laptop oder zückt das Handy, wenn das Tafelbild näher erläutert werden muss.

Medienkompetenz und Selbstorganisation

„Die Unterrichtsstunde online unterscheidet sich gar nicht so sehr von dem Präsenz-Unterricht im Klassenraum,“ weiß Irina Küsters: „Es gibt hier genauso Plenumsphasen, in denen Austausch stattfindet. Man kann, um etwas zu erklären, ein oder zwei Schüler hervorheben, und die anderen aus der Klasse können dem dann folgen. Während schülerzentrierter Erarbeitungsphasen tauschen sich die Schülerinnen und Schüler untereinander aus, oder ich helfe bei Fragen individuell weiter. Die älteren Schüler organisieren sich auch schon selbst, legen gemeinsame Termine fest oder vereinbaren einen Gruppenchat.“ Schulunterricht ist aber mehr als nur Wissensvermittlung, das Zwischenmenschliche ist Irina Küsters ebenso wichtig: Über Chatfunktionen sendet sie aktuelle Fotos vom Birklehof an ihre Schülerinnen und Schüler und fragt sie auch persönlich, wie es ihnen geht.

Sehr viele positive Erfahrungen hat Irina Küsters in der einen Woche mit Online-Unterricht gemacht. Doch sie weiß auch, dass die verschiedenen Jahrgangsstufen, wie auch die einzelnen Schülerinnen und Schüler ganz unterschiedliche Voraussetzungen dafür mitbringen: „In der Kursstufe besitzen die Schülerinnen und Schüler in der Regel schon eigene Geräte wie Handy und Rechner und verfügen damit meist auch über die entsprechende Medienkompetenz. Das sieht in der Profilstufe (Klasse 8-10) und mehr noch in der Orientierungsstufe (Klasse 5-7) teilweise schon anders aus.“ Zudem erfordere der Online-Unterricht ein hohes Maß an Selbstorganisation. „Wer darin fit ist, findet sich schneller zurecht.“

Geballt neue Erfahrungen

Auch im Kollegium würden jetzt geballt neue Erfahrungen gesammelt, berichtet Irina Küsters. „Das gemeinsame Lernen in dieser neuen Situation macht viel Spaß, alle geben ihr Bestes, um diese Herausforderung so gut wie möglich zu bewältigen.“ Unterstützt werden die Kolleginnen und Kollegen durch tägliche Tipps zu Moodle& Co vom Medienentwicklungsteam um Elmar Abelein und Conrad Wieser. Die Lernplattform Moodle wurde zu Beginn des Jahres am Birklehof eingeführt und bietet mit seinem Kurssystem einen festen organisatorischen Rahmen für den Unterricht. (Mehr dazu in diesem Beitrag)

Bei aller Unterstützung bleibt das Lernen auf Distanz eine große Herausforderung: „Online-Unterricht ist sehr arbeitsintensiv in der Vorbereitung: Alle Lernmaterialien müssen digitalisiert und online verfügbar gemacht werden“, erklärt Irina Küsters. Hinzu komme, dass sich individuelles Feedback im Lernprozess trotz aller Bemühungen zeitintensiv und schwierig gestalte. „Da fehlt einfach die zwischenmenschliche Begegnung.“

Mit- und voneinander lernen

Mindestens bis zu den Osterferien wird der Online-Unterricht weitergehen und auch weiterentwickelt werden. Irina Küsters hat sich ein professionelles Headset besorgt, damit sie noch besser mit ihren Schülerinnen und Schülern live kommunizieren kann. Mit Microsoft Teams 365 hat die Schule Birklehof vor wenigen Tagen allen eine moderne Programmplattform für das Teamwork zur Verfügung gestellt. Abschließend wagt Irina Küsters ein Blick in die Zukunft. „Nach diesen forcierten Erfahrungen in Sachen Digitalisierung mit Online-Unterricht und Homeoffice werden wir wissen, was davon auch im Normalbetrieb ein Gewinn wäre und welche Elemente des traditionellen Unterrichts einfach durch nichts ersetzt werden können.“

Zurzeit aber − so kann man ergänzen − befinden wir uns noch mitten in einem großen Experiment, bei dem wir nur miteinander und voneinander lernen können.

Fotos: Volker Küsters, Text: Wolfgang Finke