Woher kommen die Unterschiede?

Zunächst einmal kann man feststellen: Es gibt Internatsplätze in sehr unterschiedlichen Preiskategorien wie beispielsweise im Automobilmarkt. Alle Autos erfüllen die Funktion, Personen von A nach B zu bringen, dennoch gibt Preisspannen bis zum Faktor 15 für verschiedene Anbieter. Auch bei Internaten reicht die Preisspanne von ca. EUR 300 pro Monat bis hinauf auf ca. EUR 3.500 pro Monat, also ebenfalls bis zum Faktor 12.

Ein wesentlicher Treiber für unterschiedliche Kosten ist die Frage des Trägers: So gibt es staatliche Internate, bei denen die Bundesländer die Finanzierung übernehmen, kirchliche Internate, hinter denen meist die katholische oder evangelische Kirche steht und freie Träger, die eigenständig insbesondere in den Rechtsformen der Stiftung oder des gemeinnützigen Vereins agieren.

Internate der Bundesländer

Internate in Landesträgerschaft werden am stärksten subventioniert – und dies auf zwei Ebenen: Zum einen betreiben die Bundesländer mit diesen Internaten Hochbegabtenförderung, z. B. in St. Afra, Schulpforta, Hansenberg oder Schwäbisch Gmünd und finanzieren diese Eliteförderung großzügig. Die Erstellung der Leistung „Internat“ ist hier also nicht günstiger als in anderen Internaten, allerdings bezahlen die Eltern eben nur einen kleinen Teil der Kosten und der Rest wird überwiegend von den Bundesländern getragen. Allerdings: Diese Internate haben Auswahltagungen und jede Schülerin und jeder Schüler muss sich zunächst mit Intelligenztests, Gruppenarbeiten und anderen Auswahlverfahren für die Aufnahme qualifizieren.

Darüber hinaus gibt es in den großen Flächenländern wie Bayern Landesinternate aus der Zeit, als der ländliche Raum noch nicht so flächendeckend mit eigenen Schulen versorgt war und daher die Landbevölkerung auf Internate angewiesen war, wenn eine weiterführende Schule besucht werden sollte. Die Zahl dieser Internate sinkt, weil diese Bildungsausgaben heutzutage direkt in die Schulen in der Fläche gegeben werden.

Hinzu kommt, dass manche staatliche Internate nur Unterkunft, Verpflegung und Betreuung anbieten, die Schüler jedoch ganz reguläre staatliche Schulen in den Standortgemeinden besuchen – hier entstehen also keine Kosten für den Schulbetrieb (ausgenommen hiervor: Hochbegabteninternate, die grundsätzlich eigene Schulen unterhalten).

Staatliche Internate sind damit die günstigste Option für einen Internatsbesuch.

Kirchliche Internate

Traditionell betreiben auch die christlichen Kirchen Internate in Deutschland, früher vor allen Dingen, um sich gut ausgebildeten Nachwuchs an Priestern zu sichern. Dafür subventionieren auch die Kirchen ihre Internate, wenngleich diese Zuwendungen angesichts sinkender Kirchensteuereinnahmen zurückgehen. In der Folge werden einige Internate in reine Schulen umgewandelt, wie beispielsweise in Gaienhofen (ev. Kirche) oder das Aloisiuskolleg (kath. Kirche).

Auch bei kirchlichen Internaten sind die Kosten höher als die Beiträge, die die Eltern bezahlen. Kirchliche Träger finden sich, auch vor dem Hintergrund ihrer sozialen Ausrichtung, im Mittelfeld des Preisspektrums.

Freie Träger

Die freien Träger haben in der Regel keine übergeordnete Institution, die als Teil ihres staatlichen oder kirchlichen Auftrags den Betrieb eines Internates subventioniert. Diese sind also darauf angewiesen, entweder Finanzierungslücken durch Fundraising insbesondere bei Ehemaligen und Stiftungen zu füllen oder über die Preisgestaltung von den Eltern das Geld zur Kostendeckung zu erreichen. Denn, und dies gilt für über 90% der Internate in Deutschland, die Träger sind in aller Regel gemeinnützig, d. h. sie haben das betriebswirtschaftliche Ziel der Kostendeckung.

Wer glaubt, dass man in Deutschland mit dem Betrieb eines Internates Geld verdienen kann, der hat entweder eine Ausnahmesituation erlebt, oder noch keines geführt (nebenbei: auch die Englischen Internate expandieren nicht aus geschichtlichen Gründen in die südostasiatische und arabische Welt, sondern weil sie dort Erträge zu erzielen hoffen, um ihre teilweise defizitären Häuser im Stammland zu stützen.)

Zusammenfassung

Ein wesentlicher Faktor für unterschiedliche Preise für Internate ist die Frage, ob ein übergeordneter Träger Subventionen gibt – Geld verdienen lässt sich dagegen mit Internate kaum.

Dies kann eine einfache Beispielrechnung für ein „teures Internat“ verdeutlichen:

Dieses fiktive Internat kostet € 3200 pro Monat und bewegt sich damit im obersten Bereich der Preisspanne. Das ist also ein Haus, bei dem Sie bei allen unten stehenden Fragen die teurere Option erwarten können.

Diese Internate haben in aller Regel einen 7-Tagebetrieb und sind für die Schülerinnen und Schüler folglich bei angenommenen 37 Schulwochen insgesamt 259 Tage geöffnet.

Teilen Sie die Jahresgebühr von 12 Monate x € 3.200 = € 38.400 durch diese 259 Tage so kommen Sie auf einen Tagespreis von unter € 150. Dafür gibt es als Leistung eine Unterbringung im Doppelzimmer, Verpflegung „all inclusive“, Betreuung über 24 Stunden an 7 Tagen pro Woche, ein umfangreiches Freizeitangebot und ein gegenüber der Schule am Heimatort deutlich kostenintensiveres schulisches Angebot, breit gefächert und in kleinen Gruppen. Wer so etwas „in den Ferien“ bucht, bezahlt für 2 Wochen Cluburlaub ohne zu Zögern deutlich mehr pro Tag (problematisch bei Internaten ist, dass je Schuljahr 37 Wochen finanziert werden müssen. Der als hoch wahrgenommene Preis resultiert also aus der pro Jahr gebuchten Anzahl an Tagen und weniger aus der Kostenstruktur an sich.)

Doch auch die Kosten der Internate unterscheiden sich und damit kommen wir auch zu unterschiedlichen Qualitäten (angesprochen werden Themen, die Internate mit eigenen Schulbetrieb betreffen): Wesentlicher Punkt sind die Personalkosten, die i. d. R. ca. 70% der Einnahmen von Internatsschulen verbrauchen:

  • Wer betreut die Schülerinnen und Schüler? Sind dies Erzieher oder Lehrkräfte, die bei Schulen im Lehrer-Erziehermodell eingesetzt werden. Letzteres Konzept kommt aus der Reformpädagogik und hat den Vorteil, dass Schule und Internat enger miteinander verwoben sind, als im Modell mit Erziehern, welches jedoch Kostenvorteile hat (die Größe der Internatsgruppen ist kein Indikator, da es keinerlei einheitlichen Standard für die Bezahlung von Internatsbetreuern gibt.)
  • Hat das Internat in der Schulzeit durchgehend geöffnet oder nur von Montag bis Freitag? Mit einem 5-Tagebetrieb kann man den Personalaufwand gegenüber einem 7-Tagebetrieb deutlich senken. Dies setzt jedoch voraus, dass man das Wunschinternat in einer akzeptablen Entfernung vom Heimatort findet – und dies ist, zumindest wenn man die Auswahl ernsthaft betreibt, eher ein Glücks- als der Regelfall.
  • Bei wie vielen Schülern werden die Klassen geteilt, d. h. wie groß sind die Klassen maximal? Lehrer verdienen ihr Gehalt in der Regel „je Unterrichtsstunde“, also unabhängig von der Anzahl der Schüler. Je kleiner die Klassen, umso höher also die Kosten je Schüler.
  • Wie viele Arbeitsgemeinschaften und Dienste/Gilden gibt es in der außerschulischen Zeit? Je umfangreicher das Angebot, umso kostenintensiver.
  • Wie wird das Kollegium bezahlt und wie alt ist es? Gute Schulen greifen auf Lehrer mit einer vollwertigen Ausbildung zurück – diese kommen in der Regel jedoch nur an das Internat, wenn sie ein Gehalt verdienen, was dem an staatlichen Schulen entspricht, insbesondere in den Naturwissenschaften…. Die Vergütung der Lehrkräfte hängt zudem meist, wie im öffentlichen Dienst üblich, mit der Erfahrung zusammen. Zwischen Einstieg in den Lehrerberuf und Pensionierung liegen teilweise Gehaltsunterschiede bis zu 40%. Je jünger ein Kollegium, umso günstiger ist es – andererseits ist Erfahrung in der Pädagogik nicht unbedingt von Nachteil.
  • Wie viele Schüler schlafen in einem Internatszimmer? Wie ist der Zustand der Gebäudesubstanz und des Geländes? Wie alt ist das jüngste Gebäude bzw. wann gab es die letzte Großsanierung?
  • Welche Qualität hat die Verpflegung: frisch, regional und selbst gekocht oder Convenience-Produkte? In welchen Varianten (vegetarisch, vegan, laktosefrei, glutenfrei, …)?

Achten Sie auf diese Faktoren und berücksichtigen Sie die oben stehenden Erkenntnisse, so erhalten Sie einen kleinen Einblick, warum es möglicherweise zu Unrecht heißt: Internate sind teuer.

Jens-Arne Buttkereit