Internatsgeschichten 2: Laura
Laura konnte es kaum fassen, dass ein Jahr im englischen Internat so viel in ihrem Leben verändert hatte. Die Weite des Campus, die neuen Freundschaften und vor allem die Freiheit, die sie genossen hatte, hatten sie verwandelt. Als sie wieder zu Hause bei ihren Eltern in Deutschland ankam, fühlte es sich an, als wäre sie in ein viel zu enges Korsett geschnürt worden. Die vertrauten Wände ihres Zimmers schienen sie zu erdrücken, und die Routine des Familienlebens erstickte sie förmlich.
„Es ist nicht so, dass ich meine Familie nicht liebe“, dachte Laura, als sie in ihrem alten Zimmer saß und in die Dunkelheit starrte. „Aber ich habe gelernt, selbstständig zu sein, Verantwortung zu übernehmen und mein Leben zu gestalten. Hier fühle ich mich gefangen.“
In den folgenden Wochen versuchte Laura, sich wieder in ihren alten Alltag einzufügen, doch es gelang ihr nicht. Bei einem gemeinsamen Abendessen brachte Laura schließlich ihre Gefühle zur Sprache.
„Mama, Papa“, begann sie zögerlich, „ich weiß, ihr habt mich vermisst, und ich euch auch. Aber es ist anders geworden. Ich kann nicht mehr so leben wie vorher. Ich bin selbstständiger geworden, selbstbewusster. Hier fühle ich mich eingeengt.“
Ihre Eltern sahen sich besorgt an und versuchten zu verstehen. Schließlich schlug ihr Vater vor: „Was ist, wenn du in Deutschland auf ein Internat gehst? Eines, das gut ist und dir die Möglichkeit gibt, dein Hobby, das Reiten, weiterzuverfolgen. Du könntest dort dein Abitur machen und gleichzeitig das Gefühl der Unabhängigkeit behalten.“
Laura war überrascht über den Vorschlag ihrer Eltern, aber je mehr sie darüber nachdachte, desto besser klang die Idee. Sie begann, sich verschiedene Internate anzuschauen, um das passende für sich zu finden. Nach eingehender Recherche und Besichtigungen entschied sie sich schließlich für ein renommiertes Internat in Deutschland, das nicht nur akademisch anspruchsvoll war, sondern auch ein eigenes Reitzentrum besaß.
Die ersten Tage auf dem Internat waren für Laura eine Mischung aus Aufregung und Nervosität. Sie lernte schnell neue Menschen kennen und knüpfte schnell neue Freundschaften. Die Schule war anspruchsvoll, aber Laura war entschlossen, das Abitur zu schaffen.
Das Reitzentrum wurde zu Lauras zweitem Zuhause. Die Pferde, der Geruch nach Heu und Sattelleder – all das erinnerte sie an die Freiheit, die sie in England genossen hatte. Sie verbrachte jede freie Minute im Stall, pflegte die Pferde, nahm an Reitstunden teil und fand in der Reiterei einen Ausgleich zum schulischen Stress.
Die Jahre vergingen, und Laura blühte auf dem Internat regelrecht auf. Ihr Selbstbewusstsein wuchs, sie entwickelte sich nicht nur intellektuell, sondern auch emotional weiter. Die Enge, die sie nach ihrer Rückkehr aus England empfunden hatte, war verschwunden. Sie hatte einen Platz gefunden, der ihr die Freiheit gab, die sie brauchte, und gleichzeitig die Struktur, um ihre Ziele zu erreichen.
Als der Tag des Abiturs näher rückte, blickte Laura auf ihre Zeit im Internat zurück. Sie hatte nicht nur fachlich viel gelernt, sondern auch über sich selbst. Ihre Eltern, die zunächst besorgt waren, hatten gesehen, wie ihre Tochter zu einer eigenständigen und zielstrebigen jungen Frau herangewachsen war.
Die Abschlussfeier war ein emotionaler Moment für Laura und ihre Eltern. Sie hatten gemeinsam die Herausforderungen gemeistert, und Laura war bereit, ihren eigenen Weg zu gehen. Ihr Herz schlug höher, als sie daran dachte, was die Zukunft für sie bereithalten mochte. Doch egal, wohin ihr Weg sie führen würde, sie wusste, dass sie die Zeit im Internat nie vergessen würde – die Zeit, in der sie nicht nur das Abitur gemacht hatte, sondern auch zu sich selbst gefunden hatte.
(Diese Geschichte ist wahr, obwohl sie erfunden wurde.)