Fragenliste für den Besuch im Internat (1)

Nach einer strukturierten Suche, beispielsweise mit dem Internatevergleich haben Sie nach den Kriterien aus unserem Blogbeitrag zwei bis maximal vier Internate herausgefunden, die Sie gerne mit Ihrem Kind besuchen möchten.

Für diesen Besuch veröffentlichen wir eine Checkliste zum Mitnehmen für Fragen, die in der Regel nicht direkt auf der Internetseite des Internats beantwortet werden:

  • Funktioniert das Internat nach dem sogenannten Familienmodell oder dem Häusermodell? Beim Familienmodell kommt Ihr Kind zu Beginn in eine sogenannte Internatsfamilie, in der meist Mädchen und Jungen zusammenwohnen und von einem oder mehreren Mitarbeitern betreut werden. In der Regel bleibt man in dieser „Internatsfamilie“, die alle Altersklassen und Geschlechter umfasst, bis zum Schulabschluss.
    Beim Häusermodell dagegen werden die Kinder nach Alter und Geschlecht getrennt, so dass beispielsweise alle Mädchen der Jahrgangsstufen 8+9 von einer Mitarbeiterin betreut werden und die Jungen der gleichen Altersstufe eben an anderer Stelle. Jedes Mal, wenn man eine Altersklasse verlässt, wechselt man das „Haus“ und damit auch die Betreuungsperson.
    Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, bei denen es kein „richtig“ und kein „falsch“ gibt.
  • Werden Lehrkräfte und Internatsbetreuer gesiezt oder geduzt? Eine Frage von Rollenverständnis, Nähe und Distanz.

Fragenliste für den Besuch im Internat (2)

  • Wird das Internat von Lehrern oder Sozialpädagogen betreut? Eine Betreuung durch Lehrer hat beispielsweise den Vorteil, dass diese besser die Brücke in die Schule schlagen können, weil sie ihre Kollegen täglich im Lehrerzimmer treffen. Sozialpädagogen dagegen haben in ihrer Ausbildung mehr pädagogisches Rüstzeug für eine Tätigkeit im Internat erhalten.
  • Wie viele Vertrauenspersonen hat ein Internatsschüler? Ist der Verantwortliche im Internat gleichzeitig der ein Hauptfach unterrichtende Klassenlehrer und zudem der für Disziplinarmaßnahmen zuständige Internatsleiter, dann kommt es zu einseitigen Abhängigkeiten, die vermieden werden sollten. Gute Internate achten darauf, dass als Teil eines Präventionskonzepts Schülerinnen und Schüler immer mindestens zwei Erwachsene als Ansprechpartner haben und informieren zudem öffentlich über Möglichkeiten, in Notfällen externe Ansprechpartner wie Ombudspersonen zu kontaktieren.
  • Wie sieht es mit Alkohol im Internat aus? (Sollte ihr Gesprächspartner an dieser Stelle versichern, dass in diesem Internat kein Alkohol getrunken wird, so sollten sie von diesem Haus Abstand nehmen – entweder ihr Ansprechpartner ist ahnungslos oder er drückt sich um das Thema: beides ist gleich fatal. So wie Jugendliche auf jedem Dorf- oder Stadtfest und ab dem 16. Geburtstag sogar erlaubt Alkohol trinken, so wird in allen Internaten (auch den englischen) Alkohol getrunken, erlaubt oder verbotenerweise. Die entscheidende Frage ist, wie das Internat damit umgeht. Es gibt Internate mit sehr strengen Regeln bis hin zum Schulverweis und es gibt Internate, die Alkohol als Teil des Erwachsenwerdens klassifizieren und weniger streng vorgehen. Der Stil des Internates sollte zu dem passen, was in ihrer Familie zu diesem Thema vereinbart wurde.)

„ Sollte ihr Gesprächspartner erklären, dass in seinem Internat kein Alkohol getrunken wird, so können Sie dieses Internat aus der engeren Wahl streichen. “

Wie gehen Sie zu Hause mit dem Thema Alkohol um?

Fragenliste für den Besuch im Internat (3)

  • Wie viel Zeit verbringen die Schülerinnen und Schüler am PC/Handy? Gibt es Regelungen zur Nutzung?
  • Wie hoch ist der Prozentsatz der Schülerinnen und Schüler, die am Wochenende im Internat bleiben? Gibt es ein Wochenendprogramm?
  • Wie lange ist die Schulleitung im Amt? Falls weniger als 5 Jahre – wie viele Jahre war die vorhergehende Schulleitung im Amt? (Ein Schulleiterwechsel bedeutet immer, dass sich Kollegium und Schüler auf eine neue pädagogische Schwerpunktsetzung einstellen müssen – eine solche kreative Unruhe kann sehr positive Auswirkungen auf eine Schule haben, muss es jedoch nicht. Daher ist es gut, über Leitungswechsel zumindest informiert zu sein und ggfs. weitere Nachfragen stellen zu können.)
  • Wie viele Schüler kommen aus dem Ausland, aus welchen Ländern? (Deutsche Internate erfreuen sich nach Englischen und Schweizer Internaten zunehmend internationaler Beliebtheit: Eine international anerkannt gute Schulausbildung, sehr gute und finanziell attraktive Studienbedingungen für Ausländer mit Abitur, ein Land mit niedriger Kriminalitätsrate und hohen Umweltschutzstandards – all diese Faktoren lassen deutsche Internate immer attraktiver werden.)
  • Welcher Anteil der Schüler wohnt im Internat, welcher Anteil fährt nach der Schule nach Hause? (Je größer der Anteil der Internatsschüler, umso stärker ist die Organisation am Internat ausgerichtet: Überwiegt der Anteil externer Schülerinnen und Schüler, so orientiert sich der Stundenplan an Busfahrplänen und Elternabende finden auch mal Mittwochs statt. Überwiegen die Internatsschüler, so gibt es ein Wochenendprogramm, was nicht selten Samstagsunterricht beinhaltet – dies hat nämlich den großen Vorteil, dass sich die vielen Wochenstunden der Mittelstufe auf einen Tag mehr verteilen lassen. Auf der anderen Seite haben Internate mit hoher Anzahl externer Schüler meist insgesamt mehr Schüler, was es einfacher macht, Arbeitsgemeinschaften in Mannschaftssportarten oder auch Chöre/Orchester mit einer ausreichenden Anzahl an Schülerinnen und Schülern zu füllen.)
  • Wie hoch ist der Anteil an Stipendiaten an der Gesamtschülerschaft? (Dieser Wert gibt eine Indikation, in wieweit ein Internat die „ganze Gesellschaft“ abbildet und versucht, Schülerinnen und Schülern aller finanziellen Ausgangslagen den Besuch zu ermöglichen. In der Regel heben Stipendiaten das schulische Leistungsniveau einer Internatsschule.)
  • Wie viele Betten hat ein Zimmer, wie erfolgt die Zuordnung?
  • Wie ist die Verpflegung? Wird selbst, frisch und regional gekocht?
  • Wie hat sich die Zahl der Internatsschüler in den letzten 4 Jahren entwickelt?
  • Gab es in den letzten 5 Jahren größere Bau- oder Sanierungsprojekte? (falls „Nein“: Warum investiert der Träger nicht in das Internat? Was bedeutet das für die Zeit bis zum geplanten Schulabschlusstermin)
  • Wie erfahren die Eltern von den Schulnoten? Vom Kind? Vom Klassenlehrer? Vom Internatsbetreuer? Wer informiert, wenn es schulisch „nicht rund“ läuft?

Sicherlich gibt es noch eine Menge weiterer Fragen und Sie selbst sollten sich vorher notieren, was Ihnen wichtig ist.

Zudem an dieser Stelle noch ein letzter Tipp: Sprechen Sie auch mit mindestens einer aktuellen Schülerin oder einem aktuellen Schüler des Internats.

Jens-Arne Buttkereit